In einer
postfigurativen Kultur geht der Wandel so langsam und unmerklich vonstatten,
dass Großeltern sich für ihre neugeborenen Enkel keine andere Zukunft
vorstellen können als ihre eigene Vergangenheit.
Das Individuelle hat
keine Bedeutung, nur die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, ihrer Tradition und
Geschichte.
Festgelegte Rituale
und unberührbare Autoritäten sorgen dafür, dass die Traditionen und das
Lehrgut erhalten und allfälliger Wandel ausgeschlossen bleibt.
Dies ist der Fall in
vielen religiösen Sekten, in esoterischen Logen, in der katholischen und
orthodoxen Kirche, in den meisten noch existierenden Monarchien, in vielen
Zünften, Jagd- und Schützenvereinen, in akademischen Verbindungen...
Mangel an Zweifel und
Mangel an Bewusstheit scheinen für die Erhaltung einer postfigurativen
Kultur entscheidend zu sein. |
Eine kofigurative
Kultur ist eine Kultur, in der die Mitglieder der Gesellschaft ihr Verhalten
nach dem Vorbild der Zeitgenossen ausrichten. Aktualität und stetiger Wandel
sind prägend.
Zukunft ist die
Vorstellung von verbesserter Gegenwart. Das Gegenwärtige hat jeweils nur für
kurze Zeit Bestand, der stetige Wandel ist die einzige Konstante.
Kriege, Katastrophen,
wirtschaftliche Krisen, ethnische Vertreibungen, neue Formen der technischen
Entwicklung machen den bestimmenden Einfluss der Alten zunichte, weil sich
diese unter den veränderten Gegebenheiten nicht mehr zurechtfinden.
Bestimmte Rituale
sichern den Bestand des Gültigen. In der Arbeitswelt sind es das
Qualifikations-, Beförderungs- und Entlohnungswesen innerhalb einer klaren
Hierarchie.
Das Individuelle hat
nur insofern eine Bedeutung, als es in die kofigurativen Strukturen der
Erwachsenenwelt passt.
Der Wandel in der
kofigurativen Kultur wird als Fortschritt empfunden. In Wirklichkeit wird
aber meist nur das Bisherige verbessert oder effizienter organisiert.
Die kofigurative
Gesellschaft reproduziert sich selbst. |
Ähnlich wie die
kofigurativen Gesellschaften auf einem Bruch zur vorangehenden, so basiert
auch die präfigurative Kultur auf Einbrüchen, die von der herrschenden
Generation nicht mehr bewältigt werden können.
Der ständige Wandel
erreicht ein Tempo und eine Dimension, welche die Flexibilität und
Anpassungsfähigkeit der Erwachsenen überfordert.
Denn das Neue ist
unbekannt und noch unbetreten. Dies erzeugt zunächst Angst, bewirkt eine
ständige Suche nach Sicherheit und vielfach eine Flucht nach vorn. Mitmachen
gilt als einzige Rettung.
Erwachsene, die mit
der Entwicklung nicht mehr Schritt halten können, fühlen sich ständig
gestresst und überfordert. Ausbrennen und Krankwerden gehören zu den
negativen Symptomen, die andeuten, dass die kofigurative Gesellschaft an
ihre Existenzgrenzen gelangt ist.
Weder die
Vergangenheit noch die Gegenwart geben durch Vorbilder die nötige Sicherheit
und Orientierung. Zukunftsoffenheit, d.h. Phantasie, Intuition, Mut und
Pioniergeist sind vonnöten, um vor den neuen Herausforderungen zu bestehen.
Das ist die Situation
des
neugeborenen Kindes. |